Der Blick in den Menschen:

Möglichkeiten der modernen Lungentomographie
mit Helium-3-Atomen

 

Vor zwölf Jahren stellte sich uns die Aufgabe, für den neuen Elektronen- Beschleuniger MAMI an der Mainzer Universität Streuexperimente an spinpolarisierten Atomkernen vorzubereiten. Insbesondere interessierten wir uns für den Helium-3-Kern, dessen Spin von dem einzigen Neutron im Kern getragen wird. Unter dem Spin verstehen die Physiker den Eigendrehimpuls eines Teilchens um seine eigene Achse, mit dem auch ein magnetischer Dipol verknüpft ist.

Im Streuversuch am polarisierten Helium-3 trifft das Elektron also de facto auf ein spinpolarisiertes Neutron. Das war das eigentliche Ziel: Durch die Streuung am polarisierten Elementarteilchen kann man die innere elektrische und magnetische Struktur des Teilchens voneinander trennen und präzise studieren und der immer noch ungelösten Frage nach dem inneren Aufbau der Kernbausteine, Protonen und Neutronen, nachgehen.

Die Herstellung des kernspinpolarisierten Helium-3 gelang in Zusammenarbeit mit einer Gruppe an der École Normale Supérieure in Paris durch Absorption von polarisiertem Laserlicht in einem dünnen Heliumplasma. Inzwischen haben sich über den ursprünglichen Zweck hinaus zwei weitere Anwendungsfelder aufgetan: Das eine betrifft die Physik mit polarisierten Neutronenstrahlen an Forschungsreaktoren: Polarisiertes Helium-3-Gas ist ein sehr effektiver Polarisationsfilter für Neutronenstrahlen. Die Forschungen konzentrieren sich zur Zeit am europäischen Forschungsreaktor im Laue Langevin-Institut in Grenoble.

Die zweite Anwendung fiel aus heiterem Himmel und führte zu einem bedeutenden Fortschritt in der Lungendiagnostik. Atmet man das kernspinpolarisierte Helium-3 ein, so kann ein üblicher Kernspintomograph es in jedem Winkel der Lunge aufspüren und somit ein detailliertes drei-dimensionales Bild von der Belüftung der Lunge und ihrer Morphologie entwerfen. Das Team aus Mainzer Anästhesiologen, Radiologen und Physikern hat diese Methode konsequent weiterentwickelt und kann u.a. auch die zentrale Lungenfunktion, nämlich die Aufnahme von Luftsauerstoff, lokal mit der Helium-3-Tomographie bestimmen. Erste Aufnahmen an Patienten zeigen, daß die neue Methode entscheidende Verbesserungen in der Diagnose und insbesondere in der Früherkennung vieler Lungenerkrankungen bringen wird, wie z.B. bei Ventilations- und Durchblutungsstörungen, Obstruktion der Lungenwege, Asthma, Raucherlungen, Mukoviszidose und anderen.

Kontakt:
Professor Dr. Ernst Wilhelm Otten
Institut für Physik
Staudingerweg 7
55099 Mainz
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