Hyperkerne

Ein Hyperkern ist ein Atomkern, der nicht nur die gewöhnlichen Nukleonen Proton und Neutrion enthält sondern zusätzlich auch mindestens ein Hyperon. Hyperonen sind Hadronen, die sehr ähnlich wie Protonen und Neutronen sind, aber nicht nur up- und down-Quarks enthalten, sondern auch ein strange-Quark, wie zum Beispiel das Lambda-Baryon. In der Nuklidkarte sind alle bekannten Atomkerne gemäß der in ihnen enthaltenen Anzahl an Protonen und Neutronen in einer zwei dimensionalen Ebene dargestellt. Da die chemischen Eigenschaften vor allem von der Konfiguration der Elektronen in der Hülle des Atoms abhängen, verhalten sich Atomkerne mit der selben Anzahl Protonen chemisch betrachtet nahezu identisch und werden als Isotope bezeichnet, die kernphysikalischen Eigenschaften sind aber durchaus sehr unterschiedlich.

Da nun eine dritte Art Kernbaustein möglich ist, ergibt sich eine dritte Dimension in der Nuklidkarte. Durch experimentelle Einschränkungen konnte diese dritte Dimension der Nuklidkarte in der Vergangenheit nur sehr dürftig erforscht werden. Kerne, die ein oder zwei Lambda-Baryonen enthalten sind in den 40er und 50er Jahren entdeckt worden. Trotz erheblichem experimentellen Aufwand in den letzten zehn Jahren sind aber bis heute nur sechs Hyperkerne bekannt, die zwei Lambda-Baryonen enthalten. Dank der Verwendung von Antiproton-Strahlen und der gekonnten Kombination experimenteller Techniken, wird beim PANDA-Experiment die Produktion zahlreicher Hyperkern erwartet, höher als bei allen anderen vorhandenen oder geplanten Experimenten. Dadurch wird ein neues Kapitel der strange-Kernphyik aufgeschlagen, beginnend mit der Bestimmung der Wechselwirkungsstärke zwischen zwei Lambda-Baryonen, die nicht direkt durch Streu-Experimente ermittelt werden kann.

Das Hyperon wird im Gegensatz zum Proton und Neutron nicht durch das Pauli-Prinzip daran gehindert, alle möglichen Kern-Zustände einzunehmen. Dadurch entfallen bei der Beschreibung von Hyperonen, die alle möglichen Zustände einnehmen, Komplikationen wie zum Beispiel die Paarung von Nukleonen. Die Stärke der Hyperon-Nukleon-Interaktion über die starke Wechselwirkung kann durch die Beschreibung der Einzelteilchenzustände mit wohlbekannten Wellenfunktionen extrahiert werden.

Darüber hinaus kann auch die Zerlegung in verschiedene Spin-abhängige Beiträge untersucht werden. Für diese Beiträge existieren sehr unterschiedliche Vorhersagen aus Quark-Modellen und dem Modell des Meson-Austausch-Flusses. Die schwache Wechselwirkung der Hyperon-Nukleon-Interaktion kann durch Ausnutzung des Pauli-Prinzips untersucht werden, welches eine Unterdrückung des Zerfalls eines Hyperons in ein Pion und ein Nukleon unterdrückt. Statt dessen ist die Umwandlung eines Hyperons in ein Nukleon durch die Interaktion mit einem Nukleon möglich, so dass sich eine einzigartige Möglichkeit bietet Wechselwirkungen zwischen vier Baryonen zu untersuchen, bei denen die Anzahl der strange-Quarks nicht erhalten ist.

 

Nukleonenstruktur

Verallgemeinerte Parton-Verteilung

Parton ist ein Überbegriff für die Substrukturen eines Hadrons, also Quarks und Gluonen. Der theoretische Rahmen der verallgemeinerten Parton-Verteilungen (engl. Generalized Parton Distributions, GPDs) wurde erst kürzlich entwickelt und sorgte für Begeisterung im Bereich der Nukleonenstruktur-Forschung. Es konnte gezeigt werden, dass die Annihilation von Antiproton und Proton in zwei Photonen bei hohen Schwerpunktsenergien durch GPDs beschrieben werden kann. Es ergibt sich eine Abschätzung von mehreren Tausend solcher Prozesse pro Monat bei einer Luminosität von 2*10^32/(cm^2s) und einer Schwerpunktsenergie von 3.2 GeV.

Andere Abschätzungen, die auf dem Wirkungsquerschnitt des inversen Prozess (der Produktion eines Proton-Antiproton-Paares aus der Fusion zweier Photonen) beruhen, prognostizieren um einen Faktor 50 größere Raten.

Es ist von Interesse weitere ähnliche Antiproton-Proton-Annihilationsprozesse, die ein Lepton-Paar, ein skalares oder vektorielles Meson produzieren, zu untersuchen. Der Vergleich der verschiedenen Wirkungsquerschnitte für die verschiedenen Prozesse mit GPD-basierten Modellen wird zu neuen Erkenntnissen über den Annihilationsprozess hinsichtlich des Quark-Modells und der QCD führen.

Zeitartige Formfaktor des Protons

Der Formfaktor ist eine Funktion, die aus den Ergebnissen von Streuexperimente ermittelt werden kann und eine Dichteverteilung eines Systems beschreibt. So beschreibt beispielsweise der elektromagnetische Formfaktor die Ladungsverteilung. Erkenntnisse über diesen Formfaktor können nicht nur aus der Streuung eines Elektrons an einem Proton gewonnen werden, sondern auch aus der Annihilation eines Proton-Antiproton-Paares in eine Elektron-Positron-Paar, man spricht dann vom zeitartigen elektromagnetischen Formfaktor des Protons. Für niedrige Schwerpunktsenergien wurde der zeitartige elektromagnetische Formfaktor des Protons bereits von zahlreichen Experimenten gemessen. Ergebnisse für hohe Schwerpunktsenergien gibt es nur von Messungen bei den Experimenten E760 und E835 am Fermilab. Durch sehr geringe Statistik war es allerdings nicht möglich den elektrischen und magnetischen Anteil unabhängig voneinander zu bestimmen. Beim PANDA-Experiment wird es möglich sein den Formfaktor des Protons über einen sehr großen Schwerpunktsenergie-Bereich zu bestimmen. Durch sehr viel höhere Statistik und bessere Winkelabdeckung wird es möglich sein deutlich präzisere Ergebnisse zu erzielen und den elektrischen und magnetischen Anteil unabhängig voneinander zu bestimmen.

Hadronen in Materie

Die Untersuchung der Veränderung der Eigenschaften von Hadronen, wenn sie von hadronischer Materie umgeben sind, zielt darauf ab den Ursprung der Hadronenmassen im Kontext der spontanen Brechung der chiralen Symmetrie und ihre partielle Wiederherstellung in hadronischer Umgebung zu verstehen. Bislang haben sich die experimentellen Untersuchungen zu diesem Thema vor allem auf den Bereich der leichten Hadronen konzentriert. Mit einem intensiven Antiprotonen-Strahl mit Impulsen bis zu 15 GeV/c ist es möglich die Untersuchungen auch auf den charm-Bereich auszudehen, sowohl Charmonia (hidden charm) als auch D-Mesonen (open charm) können somit untersucht werden. Es wird erwartet, dass die Massen dieser Zustände in einer Umgebung aus hadronischer Materie vor allem vom Gluon-Kondensat beeinflusst wird.

Eine weitere interessante Studie, die am PANDA-Experiment durchgeführt werden kann, ist die Messung der Produktions-Wirkungsquerschnitte von Charmonia und D-Mesonen bei der Annhihilation von Antiprotonen bei verschiedenen Targetmaterialien. Die Ergiebigkeit der Produktion beispielsweise des Charmonium-Zustands J/Psi bei einem Protonen-Target im Vergleich zu Targets aus anderen Ionen würde es ermöglichen den J/Psi-Nukleus Dissozations-Wirkungsquerschnitt zu bestimmen. Dieser Wirkungsquerschnitt ist ein fundamentaler Parameter, um die Unterdrückung der Produktion von J/psi-Zuständen in der Kollision schwerer Ionen zu verstehen, welche als ein Zeichen für die Bildung eines Quark-Gluon-Plasmas interpretiert wird.

Hadronenspektroskopie

Suche nach gluonischen Anregungen

Eine der größten Herausforderungen der Hadronenspektroskopie ist die Suche nach gebundenen Zuständen mit gluonischen Freiheitsgraden, also Hadronen in denen Gluonen als Hauptkompomenten betrachtet werden müssen. Dabei wird im wesentlichen zwischen zwei Kategorien von Hadronen unterschieden: Gluonen können nur mit Hilfe von Gluonen als Hauptkomponenten vollständig beschrieben werden, also völlig ohne Quarks, wohingegen zur Beschreibung der Hybride sowohl Quarks und Antiquarks (wie bei gewöhnlichen Hadronen) als auch mindestens ein Gluon als Hauptkomponenten erforderlich sind.

Durch die zusätzlichen Freiheitsgrade durch die Gluonen als Hauptkomponenten, sind Zustände möglich, die eine Kombination von Quantenzahlen aufweisen, die für gewöhnliche Hadronen unmöglich ist. In diesem Fall ist es leicht einen ungewöhnlichen Zustand zu erkennen. Die Eigenschaften solcher gluonische angeregten  Hadronen werden durch langreichweitige Eigenschaften der starken Wechselwirkung bestimmt und ihre Untersuchung ermöglicht daher tiefe Einblicke in die Natur der starken Kraft. Im Gegensatz zu Beschleuniger-Experimenten bei denen Protonen aufeinander geschossen werden, und es nicht möglich ist eine Resonanz direkt zu erzeugen, oder Beschleuniger-Experimenten, bei denen Elektronen und Positron aufeinander geschossen werden, die nur elektromagnetisch wechselwirken und zunächst ein virtuelles Photon mit einer bestimmten Quantenzahl-Kombinationen erzeugt wird, ist es beim PANDA-Experiment möglich Resonanzen mit verschiedensten Quantenzahlkombinationen direkt zu erzeugen und so in kurzer Zeit eine hohe Statistik interessanter Daten zu erhalten und somit aussagekräftige Schlüsse zu ziehen. 

Charmonium-Spektroskopie

Charmonium bezeichnet gebundene Zustände aus einem charm-Quark und dem entsprechenden Antiquark. Im Vergleich zu up- und down-Quarks aus denen Nukleonen zusammengesetzt sind, haben charm-Quarks eine um ein Vielfaches größere Masse. Da verschiedene Ausrichtungen der Quark-Spins möglich sind und diese sich mit verschiedenen Bahndrehimpulsen in verschiedenen Abständen (radiale Anregung) umeinander drehen können, ergibt sich ein Spektrum der verschiedenen Anregungszustände. Durch die verhältnismäßig große Masse ergibt sich ein kleinerer Abstand zwischen dem Quark und dem Antiquark und eine niedrigere Bewegungsenergie und das Spektrum kann durch nicht-relativistische Potentialmodelle (EFT, LQCD) beschrieben werden. In dem Massenbereich, wo es aus energetischen Gründen nicht möglich ist, dass ein Charmonium Meson durch die Erzeugung eines Quark-Antiquark-Paares in D-Mesonen (Mesonen mit einem charm-Quark und einem leichteren Antiquark oder umgekehrt) zerfallen kann (DD-Schwelle), sind zwar alle Charmonium-Resonanzen bekannt, aber vor allem die Kenntnisse über Resonanzen, deren Quantenzahl-Kombination keinem virtuellen Photon entspricht und die daher bis dato nur indirekt erzeugt werden können, sind zum Teil (Breite und Zerfallskanäle von h_c und eta_c(2S)) noch sehr vage. Oberhalb dieses Energiebereichs stellt sich eine ganz andere Situation dar. Auf der einen Seite sind nicht alle der erwarteten (D- und F-) Anregungszustände gefunden worden und auf der anderen Seite sind in den letzten Jahren etliche unerwartete Anregungszsutände (X, Y, Z) entdeckt werden deren Natur noch zu klären ist.

Bei voller Luminosität wird der PANDA-Detektor etliche Tausend Charmonium-Zustände am Tag messen können. Mithilfe eines Energiescans, bei dem der Beschleuniger nacheinander präzise auf verschiedene nahe beieinander gelegene Strahlimpulse eingestellt wird, wird es möglich sein anhand der jeweils gemessenen Intensitäten die Masse von Resonanzen mit einer Genauigket in der Größenordnung von 100 keV zu messen! Das PANDA-Experiment wird den gesamten Energiebereich sowohl unter- als auch oberhalb der DD-Schwelle untersuchen, um die noch fehlenden Anregungszustände zu finden und die Natur der X-, Y-, und Z-Zustände aufzuklären.

D-Meson-Spektroskopie

Die neusten Entdeckungen im Bereich der D-Mesonen an den Experimenten BaBar, Belle und CLEO haben sowohl in der theoretischen als auch in der experimentellen Gemeinschaft viel Beachtung gefunden, da sie im Gegensatz zu den bis dato bekannten D-Mesonen nicht zu den Erwartungen für ein System aus einem leichten und einem schweren Quark passen. Die Zerfallsbreiten der verschiedenen D-Mesonen (insbesondere des D_s) bieten ein gutes Kriterium, um verschiedene theoretische Modelle ausschließen oder bestätigen zu können. 

Bislang sind nur obere Grenzen von einigen MeV bekannt, die von Detektorauflösung bestimmt werden. Dank der hervorragenden Strahlschärfe des HESR-Strahls wird es mit dem PANDA-Experiment möglich sein diese Werte mit einer Genauigkeit im Bereich von 100 keV zu bestimmen.

Baryon-Spektroskopie

Das Spektrum der Baryonen (Hadronen aus drei Quarks wie auch die Nukleonen) zu verstehen ist eines der vorrangigsten Ziele der nicht-pertubativen QCD. Bereits im Bereich der Nukleonen, wo die meisten experimentellen Daten zur Verfügung stehen, ist die Überinstimmung mit Vorhersagen der Quark-Modells überraschend gering und im Bereich der Baryonen, die auch ein strange-Quark enthalten, gibt es noch größere Diskrepanzen. Das PANDA-Experiment ist hervorragend für ein umfassendes Baryon-Spektroskopie-Programm geeignet, insbesondere für die Spektroskopie von Baryonen die auch strange- oder charm-Quarks beinhalten.

Forschungsschwerpunkte

Das PANDA-Experiment ist der Erforschung verschiedener Phänomene und Eigenschaften der starken Kraft gewidmet. In unserem Alltag begegnen wir der starken Kraft nicht direkt, dennoch spielt sie eine sehr wichtige Rolle, da sie den Aufbau der Materie maßgeblich bestimmt: Quarks werden durch die starke Kraft voneinander angezogen und bilden gebundene Zustände (Hadronen), wie zum Beispiel die Nukleonen (Proton und Neutron), die ihrerseits durch eine Restwirkung der starken Kraft alle Atomkerne der uns umgebenden Materie bilden!

Eine sehr ungewöhnliche Eigenschaft der starken Kraft, die sie von allen anderen uns bekannten Kräften unterscheidet, besteht darin, dass sie sehr klein ist, so lange Quarks sich nahe beieinander befinden (asymptotische Freiheit) und mit zunehmendem Abstand zunächst ansteigt und dann nahezu konstant bleibt. Man kann es sich so vorstellen, als hätte man ein Objekt gefunden, dass klein erscheint, wenn man es aus der Nähe betrachtet und mit zunehmender Entfernung nicht kleiner erscheint, sondern größer und irgendwann unabhängig von seiner Entfernung immer einen gleichgroßen Bereich des Blickfeldes einnimmt.

Um ein Quark immer weiter aus einem gebundenen Zustand zu entfernen, muss man daher mit zunehmender Entfernung immer mehr Arbeit leisten und erhöht damit die potentielle Energie des Systems. Entsprechend Einsteins berühmter Gleichung E=mc^2 kann diese Energie in Masse umgewandelt werden und es bildet sich ein neues Quark-Antiquark-Paar, so dass das neue Quark das entfernte Quark ersetzt und das Antiquark mit dem entfernten Quark einen gebunden Zustand (Meson) bildet. Darum ist es nicht möglich einzelne Quarks (oder Antiquarks) zu beobachten, sie sind immer in gebundenen Zuständen "eingeschlossen" (Confinement). Es ist eine der größten intellektuellen Herausforderungen der modernen Physik, diesen Einschluss von Quarks in gebundenen Zuständen nicht nur als Phänomen, sondern auch quantitativ aus der Theorie der starken Wechselwirkung zu verstehen.

Ein weiteres Rätsel der starken Kraft ist der Ursprung der Masse solcher gebundenen Zustände. Beispielsweise ist die Masse eines Nukleons etwa 50 mal größer als die Summe der Massen der Quarks, aus denen es zusammengesetzt ist (Valenzquarks). Es ist klar, dass ein Großteil der Masse aus der Bewegungsenergie der Quarks stammt, aber es ist auch bekannt, dass es außer den Valenzquarks auch wie oben beschrieben Quark-Antiquark-Paare entstehen, die aber nach kürzester Zeit wieder in Energie umgewandelt werden. Die Wechselwirkung zwischen den Quarks wird durch den Austausch von Gluonen beschrieben, die zwar selbst masselos sind, aber durch ihre Bewegungsenergie ebenfalls zur Masse der gebunden Zustände beitragen. Um experimentell die genaue Zusammensetzung der einzelnen Beiträge zur Gesamtmasse zu ermitteln und zu verstehen welche Bewegungsenergie die verschiedenen Teilchen in welchem Abstand jeweils haben, wird das PANDA-Experiment bei dem hochenergetische Antiprotonen und Ionen auf ein Proton-Target treffen einen wichtigen Beitrag leisten.

Um mehr Einblicke in die verschiedenen vom PANDA-Experiment untersuchten Themenbereiche zu gewinnen, klicken Sie auf einen der folgenden Links:

Hadronenspektroskopie
Suche nach exotischen Teilchen und präzise Bestimmung von Eigenschaften verschiedener Hadronen 

Hadronen in Materie
Untersuchung der Effekte umgebender Materie auf die Eigenschaften von Hadronen

Nukleonenstruktur
Untersuchung der Verteilung der Bestandteile der Nukleonen (Parton-Distribution) und der zeitartigen Formfaktoren 

Hyperkerne
Messung nuklearer Eigenschaften in Anwesenheit eines oder mehrerer strange-Quarks